In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vollzog sich (zumindest in Deutschland) eine tiefe Spaltung zwischen den Geisteswissenschaften und dem „Ingenieurmilieu“. Die großindustrielle Produktion hatte sich fest etabliert und das kapitalistische Wirtschaftssystem hatte den ersten Höhepunkt der Entwicklung erreicht. Das Bildungsbürgertum empfand die Epoche als Krise, der Glaube an den Fortschritt ging verloren. Das Ideal der geistigen Entwicklung, des Großen und Schönen im Menschen, der künstlerisch-musischen Bildung sah sich in scharfem Gegensatz zu der Realität von Industrie und Kapitalismus gestellt. „In dem Maße, wie die Entfaltung der bürgerlichen Gesellschaft dem frühbürgerlichen Fortschrittsoptimismus praktisch den Boden entzieht, kommt es in Deutschland denn auch zu einer besonders scharfen Entgegensetzung in der Bewertung gesellschaftlich – praktischer Tätigkeit auf der einen Seite und innerer, geistiger Vervollkommnung auf der anderen Seite. […] Die Dominanz eines stark ‚geisteswissenschaftlich‘ geprägten Bildungsideals stellte die Ingenieure vor erhebliche gesellschaftliche Anerkennungsprobleme: galten sie doch weithin als die Exponenten jenes äußerlichen, profan – rationalistischen Zweckmäßigkeitsdenkens“, das als Indikator für den Niedergang der abendländischen Kultur angesehen wurde.
Dieses angesprochene Bildungsideal war entscheidend durch die Idee des Humanismus geprägt. „Er bezeichnet so die Gesinnung, die das eigentliche Leben des Menschen im Geistigen erblickt, die die geistige Bildung als die Macht versteht, die den Menschen eigentlich zum Menschen macht. So ist der Begriff des Humanismus auch am Anfang des 19. Jahrhunderts geprägt worden, indem die humanistische Bildung der vom Nützlichkeits – Standpunkt geleiteten Realbildung entgegengesetzt wurde.“
Diesem humanistischen Bildungsideal stand die Neuzeit nun frontal gegenüber, und wohl aus diesem Grund wurde die Neuzeit als Niedergang der abendländischen Kultur verstanden.
Die Gegenposition wurde schon bald formuliert: Die Leitung der Gesellschaft müsse den Technikern übergeben werden, denn der Techniker sei der neue Menschentypus, der Mensch der Zukunft, das Gegenstück zum die Technik mißbrauchenden Kapitalisten. Die Konsequenz dieser Weltanschauung hieß ‚Technokratie‘.
Dem humanistisch orientierten Bürgertum wurde vorgeworfen, versagt zu haben, beispielsweise beim Umgang mit den modernen Wissenschaften und der Technik. Die Wurzel der Übel der Neuzeit seien in eben diesem Versagen zu suchen und nicht in der Technik selbst.
(mit Zitaten von Hellmuth Lange und Rudolf Bultmann)
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Wikipedia: Die Rechtfertigung für eine intensive Neubelebung bzw. nötige Rettung der humanistischen Bildungsidee leitete Jaeger aus veränderten Zeitumständen und Herausforderungen ab: „Der Prozentsatz der Bevölkerung, der an dem angestammten geistigen Besitzstand unserer Nation wirklich inneren Anteil hat, nimmt im Zeichen der fabrikmäßigen Massenproduktion der Popularwissenschaft und der Einführung von Kino, Rundfunk und Taschenmikroskop auf der Schule von Jahr zu Jahr ab. Die mächtigsten Wirtschaftsschichten unseres Volkes, Arbeitermasse und Großkapital, sind mit den wohlbekannten Ausnahmen den Grundlagen unserer humanen Kultur fremd, ja ihr teilweise feindselig. Der mittlere Bürgerstand aber, bei dem diese Interessen erblich und wenn auch nicht ohne Schwankungen bis vor kurzer Zeit am sichersten geborgen waren, wird zwischen den großen Mühlsteinen der modernen Wirtschaft zerrieben.“ Immer frühzeitiger erfasse „das Triebwerk der Berufsmaschine“ den Geist der Heranwachsenden und füttere ihn mit nutzenbezogenem „Zivilisationswissen“ auf Kosten der geistigen Individualität und freier seelischer Entfaltung. Das führe „zu rationalistischer Entleerung und Abplattung des Lebens, zu brutalen Reaktionen der vergewaltigten Natur, zur ungesunden Hypertrophie des Erwerbs- und Vergnügungssinnes, zur Aufhebung der geistigen Selbständigkeit von Staat und Kultur.“ Überzivilisation einerseits und Zivilisationsflucht andererseits vernichteten in letzter Übersteigerung die Kultur. Denn diese sei nicht äußerer Apparat noch formlose Innerlichkeit, sondern „hellstes Wissen des Geistes um sich selbst und sicheres Ruhen in seiner Form, zweckfreies Sein und Können.“ Alle echte Bildung sei humanistisch: „Bildung des Menschen zum Menschen.“
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Dem entgegen, bzw. parallel: „Sartre beschrieb sein Konzept als einen „Humanismus des Bedürfnisses“, den er dem „Humanismus der Arbeit“ – der Idee der Leistungsgerechtigkeit – als Alternative entgegenstellte. Der Humanismus des Bedürfnisses sei der einzige, der die ganze Menschheit zum Gegenstand habe; er beruhe auf dem Prinzip, dass das Bedürfnis und nicht das Verdienst Recht schaffe (Bedarfsgerechtigkeit). Die Beseitigung des Verdienstes sprenge die letzte Schranke, die die Menschen trenne.“
Daß dieser Ansatz, so gut er gemeint gewesen sein mag, nicht funktioniert, müssen wir nun in aller Konsequenz erleben.
Dies sei die Überleitung zu „Universe 25„